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Taming Liquid Hydrogen

 
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Andreas Müller



Anmeldungsdatum: 28.02.2005
Beiträge: 2493
Wohnort: Altendorf

BeitragVerfasst am: Fr 23 Jan 2009, 3:04    Titel: Taming Liquid Hydrogen Antworten mit Zitat

Habe soeben das Buch

Taming Liquid Hydrogen: The Centaur Upper Stage Rocket 1958-2002 von Virginia P. Dawson und Mark D. Bowles

gelesen. Es beschreibt die bewegte Geschichte der Centaur Stufe, die vor allem als Oberstufe der Atlas Berühmtheit erlangt hat, indem sie fast alle grossen Planetenmissionen der NASA auf Fluchtgeschwindigkeit gebracht hat. Centaur war die erste Raketenstufe, die flüssigen Wasserstoff als Brennstoff eingesetzt hat. Mit seinem Siedepunkt von nur 20K ist flüssiger Wasserstoff noch bedeutend kälter als flüssiger Sauerstoff (90K), was in der Anfangszeit zu einigen technischen Problemen führte.

Centaur ist wie die Atlas in Balloon-Construction aufgebaut, der Tank ist also so dünnwandig, dass er unter seinem eigenen Gewicht kollabieren würde, wenn er nicht ständig unter Druck gehalten würde.

Centaur spielte eine bedeutende Rolle, Wernher von Braun davon zu überzeugen, dass flüssiger Wasserstoff ein brauchbarer Treibstoff ist, dass die technischen Probleme überwunden werden können. Centaur bewies dies auch praktisch, indem er die Surveyor Sonden zum Mond schoss. Ohne Centaur wären die oberen Stufen der Saturn V möglicherweise auch mit Kerosen geflogen.

Später verschaffte Centaur den Mariner und Pioneer Sonden den nötigen Schub, jeweils auf einem Atlas Booster. Und auch Voyager und Viking waren auf die Effizienz der Centaur Stufe angewiesen. Hier war ein Titan Booster notwendig, die Viking-Sonden waren immerhin über 3.5 Tonnen schwer, und gehören damit zu den schwersten Sonden, die für interplanetare Missionen gebaut worden sind.

Aber auch bezüglich Guidance setzte Centaur Massstäbe: der in der Centaur verwendete Teledyne-Computer war mit seinen 16k Worten a 24bit so leistungsfähig, dass erstmals die Höhenwinde in der Steuerung berücksichtigt werden konnten. Dazu wurden die Winde mit Radiosondierungen drei Stunden vor dem Start gemessen, von Grossrechnern (d.h. einer Maschine mit 64kB RAM) am Boden aufbereitet und kurz vor dem Start als Windprofil in den Flugleitrechner der Centaur geladen. Da der Rechner der Centaur so leistungsfähig war, wurde auch die Atlas von diesem Rechner aus gesteuert.

Centaur hatte leider unter politischen und administrativen Widerwärtigkeiten zu leiden, denen das Buch im Detail nachgeht. Mehrmals wurde es zwischen verschiedenen Labors hin und her transferiert. In Huntsville zum Beispiel wurde es stiefmütterlich behandelt, weil Wernher von Braun darin ein Konkurrenz zur Saturn sah. Und als die NASA sich entschied, auf Wegwerfraketen zu verzichten, wäre Centaur beinahe untergegangen. Nur mit einem Projekt Shuttle/Centaur, mit welchem man eine Planeten-Mission mit Hilfe einer in der Ladebucht des Shuttle transportierten Centaur aus einem LEO starten wollte, konnte sie am leben erhalten werden. Dieses Projekt wurde vom Challenger-Unfall beendet, danach wollte niemand mehr mit ein paar Tonnen flüssigem Wasserstoff/Sauerstoff in der Ladebucht rumfliegen.

Einen zweiten Boom hat Centaur mit dem Aufblühen der zivilen Anbieter von Startkapazität erlebt. Nachdem NASA vom Kongress und dem Erfolg der Ariane gezwungen wurde, dem privaten Sektor mehr oder weniger freie Hand zu lassen, übernahmen die privaten das Atlas Projekt (der etwas belastete Name Centaur wurde aus dem Produkt gestrichen, aber eine Centaur war immer dabei). Bis 2005, als die letzte Atlas III flog, waren weit über 100 Centaurs geflogen.

Selbst heute bleibt Centaur als Oberstufe der Atlas V aktiv, sie dürfte damit wohl die einzige Stufe sein, die 50 Jahre Raumfahrtgeschichte mitgestaltet hat. Und auch der RL-10 Motor, der für die Centaur entwickelt worden war, kommt im Ares Projekt wieder zu ehren: er soll im neuen Lander eingesetzt werden.

Für den reinen Techniker enthält das Buch wohl zu viel politischen und historischen Ballast. Es zeigt aber auch einmal mehr eindrücklich, wie technisch hochstehende Projekt vom ganz normalen Management-Wahnsinn beinahe in den Tod geritten wurden. Da die Geschichte der Centaur ein Happy End hat, ist sie dennoch erfreulicher zu lesen als die Zeitungsberichte über die aktuelle Krise.
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Juerg
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Anmeldungsdatum: 27.02.2005
Beiträge: 4545
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BeitragVerfasst am: Fr 23 Jan 2009, 15:25    Titel: Re: Taming Liquid Hydrogen Antworten mit Zitat

Andreas Müller hat folgendes geschrieben:
Da die Geschichte der Centaur ein Happy End hat, ist sie dennoch erfreulicher zu lesen als die Zeitungsberichte über die aktuelle Krise.

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